Vernissagen

Ausstellung „resilience an emotion II“
in der ehemaligen Residenz des Pfalzgrafen Johann Friedrich in Hilpoltstein

Laudatio von Kathrin Blomeier, der Leiterin der Residenz und des Kulturamtes Hilpoltstein

Im ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Kontrast bannt Kai Bader seine Akte und Portraits aufs Fotopapier und drängt sie uns auf teilweise provokante Art und Weise auf.

Das nackte Dasein, die Existenz in ihrer ureigenen Anschaulichkeit nimmt er dafür in den Fokus und geht an die äußerste Grenze der Privatheit. Schutzlos liefert er den Menschen der unwirtlichen Umgebung aus – meist Frauen, das vermeintlich „schwächere“ Geschlecht.

Doch sind Baders Frauen keineswegs introvertiert, gehemmt, schüchtern oder ängstlich, nein: Sie strahlen Mut, Stärke, Reife und Selbstvertrauen aus. Nur wenige Bilder kommen lasziv daher, die Mehrzahl der Exponate vermittelt Coolness, Gelassenheit, Unangreifbarkeit, auch Unnahbarkeit, manchmal sogar kindische Verspieltheit.

Oft bringen die Bildtitel Witz in das Kunstwerk und nehmen dem Umfeld, sprich den äußeren Gegebenheiten und Bedingungen, die Bedrohlichkeit. „Eisheilige“ zum Beispiel. Doch manchmal provozieren die Titel auch zusätzlich, ich denke an die „Kreuzigung“.

Durch die Nacktheit ist Baders Ansprache an die Modelle wie auch den Betrachter extrem unmittelbar, hyperdirekt, intensiv, wirkungsvoll.

Was bewirken Sie bei Ihnen? Verlegenheit oder Gleichgültigkeit? Respekt? Entzückung?

Schauen Sie sich die Gesichter genau an, die Gefühlsregungen, die sich daran ablesen lassen…

Besonders beeindruckend ist das Portrait „Erinnerung“, und wenn Sie die Regung dahinter kennen, nämlich das augenblickliche Gedenken an einen geliebten verstorbenen Menschen, dann steht man umso ergreifender davor.

Die Schwarzweißfotografie verdichtet die Aufnahmen auf einen fest umrissenen Kern, um den es dem Künstler Kai Bader geht, nämlich das Wesen eines Menschen in der Einheit von Körper und Seele sichtbar zu machen. Und um genau dies zu ermöglichen, bedarf es einer wichtigen Voraussetzung: Vertrauen.

Auch das ist eine essenzielle Fähigkeit eines Künstlers: Vertrauen herstellen zu können, um Kunst entstehen zu lassen, die den Geist, die Seele, den Charakter, ja innerste Gefühle eines Menschen herausarbeitet, seine gesamte, vielschichtige Persönlichkeit, das was ihn ausmacht und wofür er steht.

Kai Bader schafft es, Intimität und Privatheit nach außen zu kehren, um zumindest in diesem einen Moment der Aufnahme das Wesen an sich sichtbar zu machen, das sich im Alltag in der Regel hinter einer Fassade aus Kleidung, Verstellung usw. verbirgt.

Seit rund 20 Jahren widmet Kai Bader sich der Fotografie in Schwarz und Weiß. Seine Bilder bearbeitet er in der Regel nicht nach, die Authentizität steht im Vordergrund.

Noch einmal bekräftigt wird diese durch die Vorgehensweise des Künstlers: Meist ist bei ihm zuerst die Idee des Ortes da, mit dem er sogleich ein stimmiges Gesicht verbindet. Er drapiert die Modelle dann aber in der Regel nicht, sondern lässt sie frei agieren, sich selber in Position bringen. Das Umfeld wählt er, die Aktion geschieht von selbst, auf ganz natürliche Art und Weise.

Wobei allein das Umfeld immer schon Herausforderung genug ist. Kai Bader begibt sich mit seinen Modellen an wirklich außergewöhnliche, oft unwirtliche Orte, ja sogar in luftige Höhen wie auf das Dach eines Hauses oder – bis zum Maximum gesteigert – zwischen die Flügel eines riesigen Windrads. Manche Aufnahmen geraten dadurch zu einem echten Wagnis.

Und auch das macht Kai Bader aus: Er ist ebenso Pressefotograf und Journalist, arbeitet also immer nah am Menschen, daran, was uns als Gesellschaft bewegt. Das Thema Resilienz und Gefühl hat sich für ihn als ein wesentliches Thema unserer Zeit herauskristallisiert, das ihn fortwährend beschäftigt. In seinen Bildern ist es kunstvoll interpretiert.

Ausstellung „resilience an emotion I“ mit Karl Schnell
in der Spectrum-Galerie in Roth

Laudation von Leo Drechsel, Kunstverein Spectrum Roth

Resilience ist ein wenig geläufiger Begriff aus dem Englischen. Er lässt sich in Deutsch als anpassungsfähig, widerstandsfähig, belastbar, nachgiebig und unverwüstlich umschreiben: Was sich biegt, das bricht nicht.

Stets hat Resilience mit einer Behauptung durch Anpassung zu tun. Mit einer wechselseitigen Beziehung zwischen dem Subjekt und seinem Umfeld. Ein bezeichnendes Bild dafür ist das Gänseblümchen, das durch den Riss in der Asphaltdecke erblüht und nach oben strebt.

In der Physik und der Ökonomie hat er eine klar definierte Begrifflichkeit, in der Ökologie bezeichnet er den interaktiven Umgang des Menschen mit der Natur, in der Psychologie spricht man von dem Phänomen des Stehaufmännchens.

In dieser Ausstellung gilt es auszuloten, inwiefern hier Modell und Umfeld, Kunstwerk und Künstler, Gefundenes und Gerwolltes sich wechselseitig befruchten und behaupten, ohne dass dabei der Gestaltungsansatz des Schöpfers das Werk knebelt, vielleicht sogar bricht.

Ready made, objet trouve

Beschäftigt man sich inhaltlich mit den beiden Künstlern und ihren Werken kommt man rasch mit dem Konzept des ready mades also des « Vorgefertigten »  in Berührung.

Marcel Duchamps machte Anfang des 20 Jahrhunderts mit seinem Pissbecken (1917) Furore als er dieses auf einen Sockel plaziert und mit dem Titel « Fontäne » zu einem Kunstgegenstand erhob. Einige Jahre zuvor hatte er aus gefundenen Objekten (objet trouve) seine « Skulpturen » wie das Fahrad-Rad (1913) erschaffen und damit die Beziehung zwischen Kunst und dem Alltagsleben in mehreren Schriften manifestiert.

Bezeichnender Weise sind diese gefundenen Marksteine der modernen Kunst auch wieder verloren gegangen. Die Fontäne landete sogar auf dem Müll. Und so schmücken sich die großen Museen der Welt lediglich mit hoch gehandelten Replikas des welberühmten Pissbeckens und des Rads.

Zu Kai « Charly » Bader

Jahrgang 69 heimisch im Landkreis und vielen bekannt als Redakteur im südlichen Landkreis Roth.

Er kam zur Aktfotografie weil ein Modell einen Fotografen suchte, mit dem es sich entspannt ablichten lassen könnte. Dies war wohl auch prägend für seine weitere Entwicklung. Sein vorrangiges Credo « Das Modell muss sich wohlfühlen ».

Zunächst scheint dieses Credo etwas lapidar, die Intention Kunst zu schaffen missend. Jedoch deutet es auf einen Prozess hin in dem die Intention und der Wille des Künstlers vor der Authenzität des Werkes zurücktritt. Der Fotograf, der lediglich die Wechselwirkung zwischen Umfeld und Modell festhält und nicht bestimmt, was gesehen werden soll. Man soll sehen, wie sich das Modell fühlt, ohne verblendende Hülle oder geschminkter Maske. Spontan, ungestellt, authentisch. Der Fotograf selbst wird zur Nebensache.

Kai Bader steht mit dieser Haltung inmitten der Tradition des Aktes der Moderne – als Ausdruck innerer Stimmung und Gefühle, die innere Welt des Individums, seine Träume, seine Ängste und seine Hoffnungen sichtbar zu machen.

Kai Bader hat derzeit eine umfangreiche Ausstellung in der Klinik Roth am Weinberg. Bedauerlicherweise kann ich auf diese nur werbewirksam hinweisen, da sich dort auch hervorragende Beispiele seiner wechselwirksamen Arbeit zwischen Modell und Umfeld befinden.

Dafür können wir hier auf einige Frühwerke aufmerksam machen. Werke in denen er das Umfeld noch eher unterdrückt, oder reduziert dargestellt hat. Mich persönlich reizt es immer besonders, Entwicklungen und Richtungen eines oevres zu bemerken, und das können wir heute hier tun. Wir sehen die also zahlreiche Frühwerke, aber auch die Aktuellen wie Ölwechsel und Windrad – welches der Künstler als etwas zu reißerisch interpretiert.

Ergänzend halte ich Sie an, die Ausstellung in der Klinik zu besuchen, wo Sie das Windrad in einem großen Format, das Motiv auf andere Art würdigend, zu sehen ist. Welche Rolle nimmt hierbei das Umfeld ein? Darf es als gefunden gelten?

Ich will Ihnen bewusst keine Antwort auf die Fragen und Zweifel des Künstlers geben, sondern sehen Sie selbst, staunen Sie ruhig, aber hinterfragen Sie auch. Und vor allem: Reden Sie darüber.

Ausstellung „Was du erträumst wird Wahheit sein“
in der Kreisklinik und dem Gesundheitszentrum Roth

„Das Wesen eines Menschen zeigen“

Der Redakteur und Fotograf Kai Bader im Interview zu seiner Ausstellung in der Rother Kreisklinik

Sich an „nackte Tatsachen“ zu halten, gehört für Kai Bader zu seinem Beruf als Print-Journalist. Als Fotograf nimmt der 46-Jährige diesen Begriff wörtlich: Er hat sich der Aktfotografie verschrieben und fotografiert fast ausschließlich in Schwarzweiß.

Bis in den Spätsommer hinein stellt Kai Bader seine Werke in der Rother Kreisklinik aus. Fragen und Antworten zum Hintergrund dieser Ausstellung, die in ihrer Art an diesem Ort bisher eine Premiere ist.

Junge und gesunde Frauen: Passen diese Fotos wirklich in eine Umgebung, in der Krankheit und sogar der Tod Teil des Alltags sind?

Bader: „Ich bin davon überzeugt, dass das Bild eines lächelnden, lebensfrohen Menschen mehr zur Rekonvaleszenz beitragen kann, als jede noch so farbenfroh gestrichene und doch kahle Krankenhauswand.“

Und was macht speziell die Aktfotografie für Sie interessant?

Bader: „Der Zauber eines Aktfotos ist für mich, das Wesen eines Menschen zu zeigen. Ein ungeschminkter, unbekleideter Mensch kann sich nicht durch ein noch so perfektes Make-up hübscher machen als er ist, kann nicht durch Kleidung von seinem eigentlichen Ich ablenken. Was gibt es also Ehrlicheres und Natürlicheres als der Blick auf einen nackten Menschen?“

Zur Ihrer Fotografie gehören ja zwei Seiten. Einerseits Sie als Fotograf. Andererseits die Frauen und (wenigen) Männer, die fotografiert werden wollen. Würden Sie sagen, Ihre Models sind irgendwie exhibitionistisch veranlagt?

Bader: „Sich nackt zu zeigen, hat nichts mit Exhibitionismus zu tun, sondern mit Selbstvertrauen und der Zufriedenheit mit dem eigenen Körper. Wobei die Betonung auf Zufriedenheit und nicht auf Stolz liegt: Ich habe bisher noch kein Model erlebt, das nicht an sich selbst ein wenig zweifelt, das nicht den einen oder anderen Fehler an sich entdeckt und vielleicht gern verdeckt hätte.“

Was muss für Sie ein Model haben, damit Sie es „schön“ finden?

Bader: „Ausstrahlung, Authentizität, Selbstbewusstsein – jemand, der authentisch und selbstbewusst ist, hat Ausstrahlung. Und allein die ist es, die – zumindest für mich – einen Menschen wirklich schön macht.“

Zurück zur eigentlichen Ausstellung: Ihre Fotos sind – mit wenigen Ausnahmen – durchwegs Schwarzweiß. Haben Sie etwas gegen Farbe?

Bader: „Nur ein Schwarzweißbild lenkt den Blick ausschließlich auf das Motiv. Eine Aufnahme ist dann gut, wenn sie keine Farbe braucht, um den Betrachter in ihren Bann zu ziehen.“

Zurzeit läuft ja wieder eine neue Staffel „Germanys next Topmodel“. Was würden Sie sagen, wenn Sie die Chance hätten, eine der Kandidatinnen vor die Linse zu bekommen?

Bader: „Ich habe sehr gutaussehende Frauen vor der Kamera. Mich reizt es also gar nicht, eines der Casting-Models vor die Linse zu bekommen. Ein Topmodel ist darauf trainiert, einstudierte Posen zu zeigen. Ich finde, ein Foto wird erst dann gut, wenn die Frauen die Kamera vergessen und ganz bei sich selbst sind. Denn das ist die Faszination: Wenn ich Ausstrahlung und Persönlichkeit im Bild festhalten kann, wenn der Betrachter sie sieht und spürt.“

Das Interview führte Claudia Weinig